Im Flüchtling den konkreten Menschen sehen
Die christliche Weihnachtsbotschaft ist ein Mittel gegen das Gefühl von Resignation und Ohnmacht angesichts der außerordentlichen Flüchtlingssituation. Das hat Bischof Manfred Scheuer in der Predigt am Christtag im Innsbrucker betont und dabei auf die Menschwerdung Gottes verwiesen. Gleichzeitig zeigte sich der Caritas-Bischof skeptisch gegenüber der Haltung, dass man Probleme im Zusammenhang mit Flucht und Migration mit Zäunen, Mauern und Abgrenzungen lösen könne.
Christen glauben, dass sich "der Sohn Gottes, in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt hat", zitierte der Bischof das Konzilsdokument "Gaudium et spes" und sagte: "In diesem Licht tauchen aus der Masse des Flüchtlingsstroms die Gesichter konkreter Menschen auf." Von daher seien auch die Worte Jesu im Matthäusevangelium zu verstehen und gültig, wo er sagt: "Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen."
Flucht sei aus Sicht der Betroffenen eine "gewagte Reise der Hoffnung mit einem Gepäck voller Sehnsüchte und Ängste, auf der Suche nach menschlicheren Lebensbedingungen", erinnerte der scheidende Innsbrucker Bischof. Demgegenüber würden die Wanderungsbewegungen auf Seiten der Zielländer nicht selten Ängste, Misstrauen und Feindseligkeiten auslösen, "noch bevor man dort die Geschichten des Lebens, der Verfolgung oder des Elends kennt". Die mit den Flüchtlingen verbundenen Sicherheitsfragen seien zwar "besonders sensibel", aber das Phänomen der Asylsuchenden und der Migration sei "zu komplex, als dass es wir die damit verbundenen Probleme mit Zäunen, Mauern und Abgrenzungen lösen können", so Scheuer.
Zsifkovics selbstkritisch bei Flüchtlingshilfe
"Wir hätten als Kirche sicher noch mehr tun können." Mit diesen selbstkritischen Töne hat sich Bischof Ägidius Zsifkovics zur Flüchtlingskrise am Freitag im "Kurier" zu Wort gemeldet. Gleichzeitig betonte der für Flucht, Migration und Integration zuständige Bischof innerhalb der Bischofskonferenz, dass sich viele Menschen in der Kirche von Anfang an stark engagiert hätten.
"Sicher waren manche Pfarren anfangs sehr zögerlich", meint der Eisenstädter Diözesanbischof. "Ich habe gesagt, jede Pfarre soll zumindest eine Familie aufnehmen, und es hat mich geschmerzt, dass sich ganz fromme Kreise und Pfarren versperrt haben. Mit denen habe ich auch ein ernstes Wort gesprochen." Dabei sei ihm mitunter sogar vorgeworfen worden, dass er "die Islamisierung im Land vorantreibe".
Kirchliche Verantwortungsträger müssten angesichts der Flüchtlingsnot "gegen den Strom schwimmen, aber durch Begegnungen mit Flüchtlingen die Menschen hinführen, nicht nur Donnerreden halten." Es brauche angesichts der vorhandenen Ängste "den mühevollen Weg der kleinen Schritte" und vor allem Information. Sein "persönlicher Weihnachtswunsch" an alle Österreicher sei, "die Türen aufzumachen" und "ich bitte alle, dass wir Christen wie Nichtchristen den Menschen, die an unsere Tür klopfen, Herberge geben".
Krautwaschl gegen Asyl-Obergrenzen
"Beim Asyl darf es keine Obergrenze geben!" Mit diesen klaren Worten hat der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl am Freitag im Interview mit der "Kleinen Zeitung" Position zu einer aktuellen Frage bezogen. Gleichzeitig sprach er sich für ordentliche und rasche Asylverfahren aus, um genau festzustellen, ob jemand Anrecht auf Schutz hat. "Das Problem ist, dass die Leute über Jahre hinweg im Ungewissen gelassen werden. Das verunsichert auch unsere Leute", so der Grazer Diözesanbischof, der eine siebenköpfige Flüchtlingsfamilie bei sich im Ordinariat aufgenommen hat.
Im Blick auf die immer wieder geäußerte Gefahr einer Islamisierung Europas, nahm Krautwaschl zunächst die Christen und ihre Identität in die Pflicht: "Wenn ich weiß, wer ich selber bin, dann brauche ich mich nicht zu verteidigen. Ich halte es da im Übrigen ganz mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: Niemand hindert uns daran, wieder in der Bibel zu lesen."
Muslime erinnerte Krautwaschl an den islamischen Gruß "Salam", der Friede bedeutet. Von daher dürfe man die "bei uns lebende Moslems sehr wohl fragen, was es zu bedeuten hat, wenn Terroristen im Namen Allahs andere Menschen in die Luft sprengen".
Durch die islamische Zuwanderung werde das Zusammenleben "radikal herausgefordert". Wenn man mit Weihnachten ernst nehme, "dass Gott sich total riskiert und Mensch wird, wer bin dann ich, dass ich mich nicht riskiere und den Dialog verweigere, gab der Bischof zu bedenken und sagte: "Weihnachten ist kein harmloses Fest. Es zwingt uns, auf jene zu horchen, die auf Herbergssuche bei uns anklopfen. Weihnachten führt uns auf den Kern des Christseins, auf Gottes selbstlose Liebe zurück."
Im Blick auf die Tendenz in England und anderen Ländern, wo mit der Weihnachtspost immer öfter "Season's-Greetings" oder andere profane Grüße versendet werden, sagte der Bischof: "Ich wünsche jedem gesegnete Weihnachten." Das lateinische Wort für "gesegnet" laute "benedicere" und bedeute "Gutes sagen". "Gesegnet" mache deutlich, dass Gott etwas Gutes zum Menschen gesagt habe. "Gott liebt uns Menschen so sehr, dass er sich uns im Kind von Betlehem geschenkt hat." Das werde zu Weihnachten besonders deutlich.
Quelle: kathpress (25.12.2015)