
Schönborn: "Neuer Papst muss ein Hirte und glaubwürdiger Christ sein"
Der neue Papst, der aus dem am 7. Mai beginnenden Konklave im Vatikan hervorgehen wird, muss ein Hirte und ein glaubwürdiger Mensch und Christ sein, unabhängig von seiner geografischen Herkunft. Dies betonte der emeritierte Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag im Gespräch mit der APA in Rom. Schönborn feierte Sonntagvormittag die Messe in seiner Titelkirche "Gesù Divino Lavoratore" im Viertel Portuense. Im Anschluss gab es ein Hintergrundgespräch für französischsprachige Medien, an denen auch die APA teilnehmen konnte.
"Wichtig ist, dass der neue Papst aufmerksam für die Nöte und Freuden der Menschen ist, dass er eine tiefe Liebe zu Gott und den Menschen empfindet. Die Menschen spüren es, ob er leere Worte spricht, oder, ob er den Glauben wirklich lebt", so der Kardinal.
Aus welchem Land das neue Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche kommt, sei "sekundär". "Es wäre nützlich, wenn der neue Papst gut Italienisch und Englisch spricht, aber die Sprachkenntnisse sind nicht das Entscheidende. Das Wesentliche ist, dass der neue Papst ein Hirte ist. Er muss sich für den Frieden, die Armen und für Gerechtigkeit einsetzen. Er muss das Gottvertrauen der Menschen stärken", erklärte Schönborn.
Nicht-italienische Päpste seien in der Kirche keine Seltenheit. Schon zwischen dem siebenten und dem achten Jahrhundert nach Christus seien einige Päpste aus Syrien ernannt worden. Im Mittelalter habe es den Deutschen Leo IX. als Papst gegeben. "Die katholische Kirche ist übernational. Natürlich haben wir als Christen ein Vaterland und eine Muttersprache, doch die Kirche ist universell", betonte der Kardinal.
Aufruf zum Gebet für Konklave
Schönborn, der an den Generalkongregationen zur Vorbereitung des Konklaves für die Wahl eines Nachfolgers von Papst Franziskus am kommenden Mittwoch (7. Mai) teilnimmt, zelebrierte nicht nur die Messe in seiner Titelkirche, sondern taufte dabei auch drei Kinder. In seiner Predigt rief er die Gläubigen auf, zu beten, damit die im Konklave versammelten Kardinäle den Papst wählen, den Gott bereits für die Kirche bestimmt hat. Schönborn ist über 80 und daher nicht mehr stimmberechtigt.
"Lieber Gott, zeig den Kardinälen denjenigen, den Du bereits bestimmt hast", sagte Schönborn vor den Gläubigen. "Ich selbst zähle nicht zu den Papst-Wählern, aber ich werde mit euch allen für den neuen Papst beten. Welche Eigenschaften muss er haben? Er muss aktiv, sympathisch, ein guter Organisator und Verwalter sein. Diese Qualitäten sind wichtig, aber Jesus fragt von ihm eine einzige Eigenschaft: Wahre Liebe zu Jesus und zu den Menschen", sagte Schönborn in seiner Predigt.
Der ehemalige Wiener Erzbischof zelebriert seit 1998 Gottesdienste in seiner römischen Titelkirche "Gesu Divino Lavoratore". "Ich habe seit 1998 schon unzählige Messen, Taufen, Hochzeiten und Firmungen gefeiert. Es ist eine sehr lebendige Pfarre. Kardinäle sind symbolisch Pfarrer von Rom. Daher ist es immer wichtig, den Kontakt mit der Titelkirche zu bewahren", so Schönborn gegenüber der APA.
Neunte Generalkongregation der Kardinäle
Am Samstag fand die neunte Generalkongregation im Vatikan statt, an der auch Schönborn teilnahm. Insgesamt nahmen an der Versammlung 177 Kardinäle teil, davon 127 mit aktivem Wahlrecht für das Konklave. In der Sitzung am Samstagvormittag wurden insgesamt 26 Beiträge von Kardinälen vorgetragen. Die Themen reichten laut Matteo Bruni, Direktor des Presseamtes des Heiligen Stuhls, von der innerkirchlichen Gemeinschaft über den globalen Friedensauftrag der Kirche bis hin zur Rolle der römischen Kurie im Verhältnis zum Papst. Immer wieder sei Papst Franziskus mit Dankbarkeit erwähnt worden, insbesondere unter Bezugnahme auf sein programmatisches Schreiben Evangelii gaudium und die darin angestoßenen Reformprozesse.
Weitere Schwerpunkte der Diskussion waren laut Bruni: Der Dienst der Kirche und des Papstes am Frieden; die Bedeutung von Bildung; die Hoffnung, dass der nächste Papst prophetisch agieren möge und die Kirche sich nicht in sich selbst zurückziehe, sondern "hinausgehe", um der Welt Licht und Hoffnung zu bringen - ein ausdrücklicher Bezug zum aktuellen Heiligen Jahr. Ebenso seien Themen früherer Sitzungen wie Synodalität und Kollegialität, das Interesse der Welt an der Kirche, der ökumenische Dialog und die missionarische Sendung der Kirche wieder aufgegriffen worden.
Bruni kündigte auch an, dass die Arbeiten in der Casa Santa Marta, der Residenz, in der die Kardinäle während des Konklaves wohnen, am 5. Mai abgeschlossen sein dürften. Der Einzug der Kardinäle sei für Dienstagabend, den 6. Mai, vorgesehen. Am Mittwochmorgen werde die feierliche Messe Pro Eligendo Pontifice zelebriert - der letzte liturgische Schritt vor Beginn des Konklaves zur Wahl des neuen Papstes.
An diesem Sonntag fand keine Generalkongregation statt. Die Kardinäle konnten in ihren jeweiligen römischen Titelkirchen Messen feiern. Für Montag sind zwei Sitzungen der Kardinäle angesetzt. Eine am Vormittag um 9 Uhr und eine weitere am Nachmittag um 17 Uhr.
Quelle: kathpress