Caritas erinnert an 3.200 obdachlose Flüchtlinge
Weil für die kommende Woche ein Kälteeinbruch mit Nachttemperaturen unter Null Grad angesagt ist, gewinnt die Lage vor den verschlossenen Toren des Flüchtlings-Erstaufnahmezentrums Traiskirchen an Dramatik. "Caritas Wien"-Generalsekretär Klaus Schwertner berichtete im ORF-"Mittagsjournal" am Samstag, dass derzeit Erstaufnahmequartiere für noch 3.200 Flüchtlinge fehlten. Grund ist der Abbau der nicht beheizbaren Zelte und der Aufnahmestopp für Traiskirchen. Dass das Innenminsterium seiner Verantwortung nicht nachkomme, sei "beschämend und rechtswidrig".
"Wenn man sieht, wie die Flüchtlinge obdachlos vor dem Erstaufnahmezentrum schlafen bzw. vom 'Pan', dem türkischen Kulturzentrum, aufgenommen werden, dann bekommt man das Gefühl, dass hier eine Zuständigkeit von staatlichen Stellen an die Zivilgesellschaft abgeschoben wird", so Schwertner im "Journal"-Interview. Bereits am Mittwoch hatte er kritisiert, dass der Bund "nicht nur gegen geltendes österreichisches Recht - die Grundversorgungsvereinbarung -, sondern auch gegen geltendes EU-Recht und die UN-Kinderrechtskonvention verstößt".
Ebenfalls im "Mittagsjournal" am Samstag äußerte sich der Flüchtlingskoordinator des Bundes, Christian Konrad. Man arbeite "fieberhaft" an einer Lösung, sagte er. Wieviele Ersatzplätze schon gefunden worden seien, wollte er nicht sagen. Dem ORF zufolge konnten in einem alten "Kurier"-Gebäude 300 Plätze geschaffen werden.
Konrad war am Donnerstag bei Landeshauptmann Günther Platter in Innsbruck. Im Mittelpunkt stand das Asylthema. Konrad meinte laut "ORF Tirol", das Land Tirol sei gut aufgestellt. Die Situation werde ruhig bleiben. Bei den Asylverfahren gebe es einen Rückstau, so Konrad. In Zukunft werde es mehr Sachbearbeiter geben, das sei bereits beschlossen. So könnten die Verfahren schneller abgewickelt werden und die Menschen hätten damit schneller Rechtssicherheit.
Im Interview mit der "Tiroler Tagszeitung" lobte der Koordinator die Bereitschaft von Politik, Beamtenschaft und vor allem der Zivilgesellschaft angesichts des ungebrochenen Flüchtlingsstroms. "Die Bevölkerung weiß, das ist eine Notsituation, in der man helfen muss." Die Alternative, die manchen vorschwebe, seien Stacheldraht und Schießbefehl. Für Österreich sei das ohnehin völlig unvorstellbar. Grenzen hochzuziehen sei "eine Illusion", so Konrad.
Der Flüchtlingskoordinator zeigt sich überzeugt, dass Österreich den Flüchtlingsstrom ohne größere Probleme bewältigen kann. Im September habe man 200.000 Menschen durch Österreich durchgeschleust. Im Land seien zurzeit 54.000 Asylwerber, bis Jahresende könnten 25.000 bis 30.000 dazukommen. Man werde genügend feste Unterkünfte finden.
Dass manche Länder wie auch Tirol die Quote noch nicht voll erfüllen, beunruhigt den früheren Raiffeisen-Boss nicht. "Tirol wird das sicher schaffen." 85.000 Asylsuchende nicht unterbringen zu können, wäre für ihn lächerlich, so Konrad. "Das ist ein Flüchtling pro 100 Einwohner."
Quelle: kathpress (10.10.2015)