Caritas: "Keine Kosten-Nutzen-Rechnung"
In der aktuellen Asylkosten-Debatte plädiert die Caritas dafür, über eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung hinauszublicken: "Ob hier ein Plus oder Minus entsteht, ist in einem ersten Schritt völlig egal. Es geht um Menschen und Menschenrecht", betonte Caritas-Auslandshilfe-Chef Christoph Schweifer in einem Gespräch mit der katholischen Presseagentur "Kathpress" (Mittwoch). Die kolportierte Zahl von 6,5 Milliarden Euro zu kommentieren, hält er für unseriös, die momentane Situation aber für bewältigbar, und zwar so, "dass sie für Österreich zum Nutzen wird".
Auf lange Sicht werde Österreich und auch die Europäische Union von der Zuwanderung profitieren. Niemand komme mit dem Ziel nach Europa, hier ewig vom Sozialleistungen zu leben. "Die Menschen wollen arbeiten und ihren Beitrag leisten", so Schweifer. Jetzt gehe es darum, Hürden aus dem Weg zu räumen: Noch immer dürften Asylwerber nicht arbeiten, es gebe zu wenige Angebote für Deutschkurse aber gleichzeitig Probleme bei der Anerkennung von Bildungsabschlüssen.
Die Regierung müsse ihre Anstrengungen im Integrationsbereich deutlich erhöhen. Den im Finanzministerium angesiedelten "Topf Integration" in der Höhe von 75 Millionen Euro wertet Schwertner als einen ersten guten Ansatz. Die Caritas legt bei ihren Angeboten einen Fokus auf die Startphase, denn "je schneller die Menschen Fuß fassen können, desto schneller werden sie Arbeit finden und einen Beitrag für Gesellschaft und Wirtschaft leisten." Aus einer kurzfristigen Belastung könne so eine längerfristige Chance werden.
In der Diskussion um den Familiennachzug bezog Schweifer klar Position: "Familienzusammenführung ist ein Menschenrecht." Gleichzeitig habe die Caritas die Erfahrung gemacht, dass sich Familien leicht integrieren ließen als Einzelpersonen.
15 Millionen Abgeltung "sehr fair"
Die am Dienstag gegebene Zusage der Regierung, die bisher von den NGOs geleistete Arbeit mit 15 Millionen Euro abzugelten und diese auch künftig "nicht im Regen stehen zu lassen", wertet der Auslandshilfechef als "sehr fair". Man vertraue auf das Versprechen der Regierung.
Im ersten Moment stünden aber nicht Rechnungen oder Zahlen im Blick, sondern die Not, die Einsatz erfordere, so Schweifer. Im Bereich des freiwilligen Engagements hofft er auf einen langen Atem. Eine Permanentstruktur auf freiwilligem Engagement aufzubauen, sei aber schwierig. "Je länger die Situation andauert, desto mehr werden professionelle Kräfte gebraucht werden."
Diakonie: "Situation bleibt auch in Zukunft bewältigbar"
Für grundsätzlich bewältigbar hält die aktuelle Flüchtlingskrise auch der Direktor des evangelischen Hilfswerks "Diakonie", Michael Chalupka. Große Herausforderungen brächten große Anstrengungen mit sich. "Die Situation bleibt auch in Zukunft bewältigbar", so Chalupka im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch.
Dass die Stimmung unter den freiwilligen Helfern kippen könne, glaubt der Diakonie-Direktor nicht. "Die Motivation ist immer noch sehr stark." Künftig werde es vor allem darum gehen, welche Signale gesetzt werden. "Entweder wir wollen das, schaffen das, wir können die Leute integrieren, oder wir fürchten uns zu sehr und setzen auf Abschottung."
Angesprochen auf den kommenden Winter, zeigte sich Chalupka zuversichtlich. Viele Quartiere stünden kurz vor der Fertigstellung. Dringend notwendig sei aber die Erhöhung der Tagsätze, vor allem bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.
Dass Deutschland künftig die Grenzen dicht machen werde, befürchtet er nicht. "Ich glaube, dass es bei der Vernunft bleiben wird, was die Vereinbarungen zwischen Deutschland und Österreich betrifft." Mit einer Schließung der Grenzen würde man schließlich nur Schleppern in die Hände spielen.
Geheimpapier-Daten wurden dementiert
Das Ö1-Morgenjournal zitierte am Mittwoch aus einem Geheimpapier, das die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingsströme und Versorgung von Asylwerbern von 2016 bis 2019 mit 6,5 Milliarden Euro beziffert. Mittlerweile hat das Finanzministerium die kolportierte Zahl dementiert.
Quelle: kathpress (30.09.2015)