Quartierkrise darf nicht Integrationskrise werden
Die seit Sommer andauernde Krise der Unterbringung der Flüchtlinge darf nicht in eine Integrationskrise übergehen: Das hat Caritas-Präsident Michael Landau am Samstag in einem Interview mit der katholischen Presseagentur "Kathpress" angemahnt. Landau sprach sich für eine stärkere Förderung der Gemeinden bei der Flüchtlingsaufnahme sowie für einen "nüchternen Diskurs" darüber aus, welche Chancen die aktuell hohe Zahl der Flüchtlinge der Gesellschaft bieten könnten. In Deutschland sei diese Diskussion bereits voll im Gange, so der Caritas-Präsident.
Österreich müsse sich der Aufgabe der Flüchtlingsintegration "nicht defensiv, sondern zuversichtlich stellen" und eine rasche Integration der Migranten forcieren, so Landau, würden sich doch jetzige Kosten und Investitionen sich mittel- und langfristig durchaus rechnen. "Alle Daten weisen darauf hin, dass Zuwanderung dem Sozialsystem nützt - dass die ankommenden Menschen mehr einzahlen als herausbekommen."
Großes Kapital liege zudem in der Arbeitskraft der Menschen, etwa zur Deckung des Bedarfs in der Gesundheitsversorgung, Pflege oder bei den Facharbeitskräften. Viele der Ankommenden brächten "eine ganze Menge Qualifikationen mit, die für Österreich hilfreich sein könnten", berichtete Landau über seine Erfahrungen aus Gesprächen mit Flüchtlingen. Viele Syrer seien gut ausgebildet dank des früher ausgezeichneten Bildungssystems in ihrer Heimat. Unterstützung durch Sprachkurse, Nostrifikation von Bildungsabschlüssen und Erhebung vorhandener Qualifikationen sei der wichtige erste Schritt, ganz besonders für jugendliche und jungerwachsene Flüchtlinge.
Die Politik sei zudem auch in den Bereichen des Sozialen Wohnbaus und des Arbeitsmarktes gefordert und solle die Gemeinden in der Vielfalt der bereits laufenden Integrationsprojekten unterstützen. Deutschland sei hier ein Vorbild: Die Hilfe des Bundes an die Länder und Gemeinden, um sie in der Flüchtlingsaufnahme zu entlasten, seien dort soeben von einer auf zwei Milliarden Euro für 2015 aufgestockt worden, für das nächste Jahr seien sogar vier Milliarden Euro budgetiert.
Erneut appellierte Landau zu einem "Mehr an Europäischer Solidarität": "Es kann nicht auf Dauer sein, dass zehn von 28 Länder 92 Prozent der Asylverfahren abwickeln." Die Kirche in Österreich unterstütze klar das Bemühen um ein solidarisches Europa.
Quelle: kathpress (26.09.2015)