Schönborn: Zaunbau am Brenner zeigt Verhärtung der Herzen
Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstag in der italienischen Zeitung "La Stampa" die Errichtung von Zäunen gegen Flüchtlinge wie an der österreichisch-italienischen Brenner-Grenze kritisiert. Was hier passiere, erfülle ihn mit einem Gefühl der Traurigkeit. "Das ist genau das Gegenteil von der Barmherzigkeit, zu der uns Papst Franziskus immer aufruft. Es ist die Verhärtung der Herzen. Wir in Europa leben in einer Situation, wo diese Haltung herrscht. Statt aufzunehmen denken wir an neue Barrieren."
Hinter diesem Verlust an Sensibilität gegenüber anderen liege "die Unfähigkeit, innerlich bewegt zu werden, Mitgefühl zu zeigen, also mit diesen Schwestern und Brüdern zu leiden". Es sei "ein Verlust der Menschlichkeit, eine neue Form des Heidentums". Das alte Heidentum sei - wie Joseph Ratzinger dies mehrmals aufgezeigt habe - auch "von Insensibilität gekennzeichnet" gewesen.
Der Papst komme am Samstag auf die Flüchtlingsinsel Lesbos, um dies klarzumachen. "Die Frage, die Franziskus uns mit dieser Reise stellt, ist einfach: Wo ist dein Bruder? Der Papst, mit seiner ersten Reise nach Lampedusa und jetzt mit dem Besuch in Lesbos, erinnert uns, dass wir es mit menschlichen Personen zu tun haben." Bevor man "Probleme" oder gar einen "Notstand' sieht, gelte es zu beachten: "Hier sind Personen wie du und wie ich vor uns. Und das sind unsere Nächsten."
Der Wiener Erzbischof räumte ein, dass es Regelungen bei der Migration brauche. "Ich denke auch an die Last, die einige Länder tragen müssen, die kurz vor dem Zusammenbruch stehen und wo in Lagern zusammengepfercht Millionen Flüchtlinge leben. Ich spreche vom Libanon, von Jordanien, der Türkei, und von den Vorposten unseres Europa - Inseln wie jene, die der Papst besuchen wird."
Das sogenannte "christliche Europa" scheine zu vergessen, dass hier Personen aus Fleisch und Blut Hilfe benötigten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Werte und Prinzipien der Menschlichkeit, der Achtung vor der Würde eines jeden Menschen, der Subsidiarität und Solidarität verloren gehen. Auch wenn dies in bestimmten Momenten der Geschichte - wie Franziskus erinnert - eine schwere Bürde sein kann, die es zu tragen gilt", sagte Kardinal Schönborn im "Stampa"-Interview.
Quelle: Kathpress (14.04.2016)