Verschärfungen für KAÖ und Caritas "völlig falscher Weg"
Katholische Aktion und Caritas üben scharfe Kritik am verschärften Asyl- und Fremdengesetz. Beide erneuerten am Mittwochabend ihre bereits in der Vorwoche geäußerte Ablehnung des am Nachmittag vom Nationalrat beschlossenen Pakets, trotz der neu eingeführten Befristungs-Klausel.
Die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, nannte das Paket eine Weg "in die völlig falsche Richtung, daran ändern auch die im letzten Augenblick eingefügten kosmetischen Abänderungen nichts". Die neuen Bestimmungen würden nicht nur Grundrechte Schutzsuchender aushebeln und sie noch mehr als bisher Schleppern ausliefern. Die Verschärfung des Asylgesetzes werde sich auch "als ungeeignetes Instrument gegen den Rechtsruck in Österreich erweisen", zeigte sich die KAÖ-Präsidentin überzeugt.
"Flüchtlinge zu Sündenböcken" zu erklären, spiele nur den Unzufriedenen in die Hände. Das habe auch das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentenwahl gezeigt. Schaffelhofer: "Der Versuch, rechtsnationalem Populismus hinterherzulaufen, ist abgestraft worden." Anstatt die Konsequenzen aus ihrem Wahldebakel zu ziehen und auf jene Mehrheit der Österreicher zu setzen, die eine menschliche und solidarische Politik wollen, malten die Regierungsparteien einen Notstand an die Wand, der weitere Ängste und eine Abwehrhaltung gegen Flüchtlinge schürt", kritisierte die KAÖ-Präsidentin.
Schaffelhofer erinnerte an eine Aussage von Papst Franziskus anlässlich seines jüngsten Besuches auf der griechischen Insel Lesbos. Die Gesellschaften der Aufnahmeländer fürchteten, wegen der Neuankömmlinge das eigene Leben und die Mentalität ändern zu müssen, stellte der Papst fest und fügte an die Flüchtlinge hinzu: "Ihr werdet als eine Last, ein Problem, ein Kostenfaktor behandelt und seid in Wirklichkeit ein Geschenk." Diesen Worten könne sie sich nur anschließen, so die KAÖ-Präsidentin.
Caritas kritisiert "Abkehr von humanitärer Tradition"
Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter sprach von einer "Abkehr von humanitärer Tradition". Die Befristung der Notstandsverordnung sei "Kosmetik für die Abkehr von humanitären Grundwerten". Was bleibe, seien weitreichende Einschränkungen für schutzsuchende Menschen."
"Durch die kurze Begutachtungsfrist und die öffentliche Debatte bestand immerhin die kleine Hoffnung, dass die Abgeordneten einer Einschränkung des Zugangs zu Asyl für Menschen auf der Flucht nicht zustimmen würden", erinnerte Wachter an 50 Stellungnahmen verschiedenster Hilfsorganisationen, Vereine und Institutionen, die ihre Bedenken eingebracht hatten. "Leider haben sich unsere Hoffnungen nicht erfüllt. Das Asylrecht einfach auszuhebeln und zu umgehen, bedeutet Werte in Frage zu stellen, auf die wir uns im Kern berufen."
Österreich habe 2015 fast 90.000 Menschen aufgenommen. Dies sei vor allem dank der Hilfe der Zivilgesellschaft möglich gewesen, könne aber jetzt keine Rechtfertigung dafür sein, die Verantwortung Österreichs für schutzsuchende Menschen in einem gemeinsamen Europa zu ignorieren. "Ebendieses unsolidarische Verhalten haben wir bisher bei anderen europäischen Ländern lautstark kritisiert", so Wachter.
Die Beschränkung der Notfallverordnung auf maximal sechs Monate sei zwar neu, allerdings gebe es die Möglichkeit einer dreimaligen Verlängerung. "Diese Notfallverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit kann die Regierung im Zusammenspiel mit dem Hauptausschuss des Nationalrats erlassen. Bei dreimaliger Verlängerung sind das dann zwei Jahre, während der keine Asyl-Anträge mehr eingebracht werden können und Flüchtlinge ohne Durchführung eines Asylverfahrens und ohne Prüfung, ob Österreich überhaupt zuständig wäre, in die Nachbarstaaten zurückgeschoben werden. De facto bedeutet das die weitgehende Abschaffung des Asylrechts", heißt es in der Caritas-Kritik.
Wachter äußerte sich auch zum "Grenzmanagement". Grenzen rund um Österreich dicht zu machen, bedeute eine Abschottung innerhalb Europas auf mehreren Ebenen. "Nicht nur in Hinblick auf Solidarität in der Flüchtlingskrise, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Auch wirtschaftlich stellt sich Österreich damit ins Abseits. Durch die Grenzkontrollen entstehen für die Wirtschaft unseres Landes laut Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Verluste bis zu 210 Millionen Euro jährlich."
Bischofskonferenz übte Kritik
Kritik an den mit "Notstand" begründeten Verschärfungen des Asylgesetzes hatten während der ungewöhnlich kurz angesetzten Begutachtungsfrist neben der Katholischen Aktion auch die Österreichische Bischofskonferenz und die Caritas geübt. Die Katholische Jungschar hatte gemeinsam mit anderen Jugendorganisationen an die Parlamentarier appelliert, der Novelle nicht zuzustimmen.
Das Asylpaket mit "Asyl auf Zeit", "Notverordnung" und Einschränkung des Familiennachzugs war am Mittwochnachmittag vom Nationalrat beschlossen worden. Die ÖVP votierte geschlossen für die Novelle, bei der SPÖ gab es vier Gegenstimmen, dafür unterstützte das Team Stronach geschlossen die Vorlage. Ablehnung kam von Grünen, Freiheitlichen und NEOS. Der Regierung wurde mit dem Gesetz die Möglichkeit eingeräumt wird, bei größeren Flüchtlingsströmen per Verordnung "Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen" einzuleiten.
Dies hätte zur Folge, dass an der Grenze keine Anträge mehr gestellt werden können, sondern die Flüchtlinge ins jeweilige "sichere" Nachbarland zurückgeschoben werden sollen. Jene Asylsuchende, die es bis ins Landesinnere schaffen, können hingegen weiter Asyl beantragen, wenn ihr Weg nach Österreich nicht nachvollzogen werden kann. Befristet ist diese "Notverordnung" zunächst auf sechs Monate, kann aber drei Mal jeweils um ein halbes Jahr verlängert werden.
Zeitlich ausgeweitet wird die mögliche Schubhaft bei Fällen, in denen eine Rückschiebung geplant ist. Statt bisher sieben Tagen soll dieses Mittel nun zwei Wochen verhängt werden können. Eine Anhaltung bis zu 14 Tagen kann auch dann angeordnet werden, wenn der Betroffene seiner Verpflichtung aus einem gelinderen Mittel nicht nachkommt.
"Asyl auf Zeit" jetzt für alle neuen Flüchtlinge
Länger dauern werden wohl künftig die Asylverfahren. Statt wie bisher innerhalb von sechs Monaten müssen Anträge künftig innerhalb von 15 Monaten erledigt sein. Unbegleitete Minderjährigen sollen im Regelfall weiterhin schnellere Verfahren zu gute kommen.
Eine weitere Neuerung im Asylrecht ist die explizite Festschreibung von "Asyl auf Zeit", das für alle Fälle gelten soll, die seit 15. November vorigen Jahres eingetroffen sind. Hier soll der Asylstatus nur noch für drei Jahre vergeben werden. Ändert sich die Sicherheitslage im Herkunftsland, wird der Flüchtlingsstatus aufgehoben und die betroffene Person muss ihre - ebenfalls neu eingeführten - Ausweiskarte abgeben und das Land verlassen. Ändert sich die Situation im Heimatstaat dagegen nicht, was von der Staatendokumentation des Innenministeriums jährlich geprüft werden soll, wird der Asylstatus ex lege unbefristet verlängert.
Etabliert wird auch die Verpflichtung, sich als anerkannter Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter beim Integrationsfonds zu registrieren. Bei der Entscheidung in einem allfälligen Ausweisungsverfahren kann die Teilnahme speziell an Sprach- und Integrationskursen berücksichtigt werden.
Verschärft werden die Regeln für den Familiennachzug. Subsidiär Schutzberechtigte müssen künftig gewisse wirtschaftliche Voraussetzungen dafür erfüllen. Zudem ist der Antrag erst nach drei Jahren möglich. Gleiches gilt für Asylwerber, bei denen der Antrag auf Familiennachzug nicht innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Asylstatus gestellt wird.
Quelle: kathpress (28.04.2016)