Verschlossene Tore in Traiskirchen "zynisch"
Ein Grundversorgungsnotquartier für obdachlose, zum Asylverfahren zugelassene Flüchtlinge hat jetzt die Wiener Caritas im Kloster St. Gabriel der Steyler Missionare in Maria Enzersdorf eröffnet. "Nacht für Nacht finden hier knapp 100 Männer, Frauen und Kinder ein wärmendes Dach über dem Kopf", teilte Generalsekretär Klaus Schwertner mit. Es handle sich um Menschen, die zuvor in Traiskirchen "in die Obdachlosigkeit entlassen wurden", für die der Bund aber laut Gesetz verantwortlich sei. "Wer die Obdachlosigkeit in der Erstaufnahmestelle verringert und sie gleichzeitig vor die Tore des Erstaufnahmezentrums verlagert, handelt zynisch", kritisierte der Caritas-Vertreter.
Kritisch reagierte Schwertner auf die jüngste Forderung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nach einer "Festung Europa". "Parolen schaffen keinen einzigen Quartierplatz", hielt Schwertner fest. "Wir brauchen Sachlichkeit und Vernunft."
Bei ihrem "Omni.Bus" in Traiskirchen treffe die Caritas Tag für Tag auf Erwachsene und auch Kinder, die vor verschlossenen Toren stehen. Das sei angesichts der sinkenden Temperaturen "verantwortungslos". Menschen würden in Pfarren, Notquartieren und Transitquartieren in Niederösterreich und anderen Bundesländern "stranden" - viele von ihnen seien aufgrund dieser Situation nicht krankenversichert. Aufgrund einer fehlenden Meldeadresse könnten die Betroffenen die ihnen zustehende Grundversorgung nur schwer geltend machen, so Schwertner. "Hier wird nicht nur gegen die Grundversorgungsvereinbarung verstoßen, sondern auch gegen geltendes EU-Recht und die UN-Kinderrechtskonvention."
Der Wiener Caritas-Generalsekretär bat die Zivilbevölkerung um weitere Unterstützung. Die in den vergangenen Wochen geleistete Hilfe werde weiter dringend gebraucht, aktuell im Süden Österreichs an den Grenzübergängen, aber auch in und um Traiskirchen, so Schwertner. Besonders benötigt werden Nahrungsmittel: Obst, Gemüse, Brot, Aufstriche, Käse, Fischkonserven, Löskaffee, Kakao, H-Milch u.a. Die Sachspenden können täglich von 7 bis 22 Uhr in der Gabrielerstraße 171 in Maria Enzersdorf abgegeben werden. Für die Versorgung der Flüchtlinge werden zudem dringend freiwillige Helfer gesucht.
Bis Jahresende 500 Plätze in Wien und NÖ
Die Caritas hat in Gemeinden wie Wien, Guntramsdorf, Horn oder Eggenburg seit Juli 300 langfristige Grundversorgungsplätze und bis zu 1.800 Notquartiersbetten geschaffen. "Bis Ende des Jahres sollen mindestens 500 weitere Grundversorgungsbetten entstehen", so Schwertner. Die Caritas sei mit vielen Gemeinden "im guten Gespräch". Er danke den verantwortlichen Bürgermeistern. "Ihre Hilfsbereitschaft macht deutlich: Gemeinsam schaffen wird das."
Die Caritas bittet auch um Geldspenden auf das Konto IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000, Kennwort "Flüchtlingsfonds". (Infos: www.caritas-wien.at)
Quelle: kathpress (23.10.2015)